Critique5. Juni 2025 Maxime Maynard 6h2s1k

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Review: «Baby»: Auf den Strassen von São Paulo
© 2025 Xenix Filmdistribution GmbH

Bei der 77. Ausgabe der Filmfestspiele von Cannes feierte der neue Film des brasilianischen Regisseurs Marcelo Caetano Premiere. «Baby», sein zweiter Spielfilm, kommt nun auch ins Kino – und beeindruckt mit ausdrucksstarken Bildern und einer feinfühligen Inszenierung.

Wellington (gespielt von João Pedro Mariano) wird nach fast zwei Jahren in einem Jugendzentrum entlassen. Doch von seinen Eltern fehlt jede Spur – sie haben die Stadt verlassen, ohne ihn zu benachrichtigen. Plötzlich auf sich allein gestellt, irrt er durch São Paulo, bis er eines Abends auf Ronaldo (Ricardo Teodoro) trifft – einen Escort, der ihn unter seine Fittiche nimmt. Für Wellington wird Ronaldo zum Mentor, Vaterersatz und Liebhaber. Er zeigt ihm, wie das Geschäft läuft, gibt ihm den Namen «Baby» – und bringt ihn in eine Welt, in der jugendliche Körper schnell zur Ware werden. Eine Welt, aus der es schwer ist, wieder herauszufinden.

Schon mit seinem ersten Film «Corpo Elétrico» hat Caetano 2017 das queere Leben in São Paulo eingefangen – aus der Perspektive eines jungen Neuankömmlings in der Metropole. Jetzt geht er noch einen Schritt weiter. «Baby» richtet den Blick auf Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben – auf Sexarbeit, auf Abhängigkeiten, auf Sehnsüchte. Dabei setzt Caetano nicht auf plumpe Provokation, sondern auf Intimität: choreografierte Szenen voller Sinnlichkeit, Berührungen, Blicke, Spannung. Was anfangs wie pure körperliche Lust wirkt, verwandelt sich mit der Zeit in ein vielschichtiges, menschliches Drama.

Review: «Baby»: Auf den Strassen von São Paulo
João Pedro Mariano in «Baby» © 2025 Xenix Filmdistribution GmbH

Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen Baby und Ronaldo – ein Wechselspiel aus Fürsorge und Besitz, Nähe und Macht. Baby ist 18, Ronaldo 42 – ein Altersunterschied, der nicht zu ignorieren ist. Die Dynamik zwischen beiden wirkt zugleich liebevoll und manipulativ. Der Film stellt die Frage, wie viel Entscheidungsspielraum ein junger Mensch wirklich hat, wenn er emotional und finanziell abhängig ist.

João Pedro Mariano trägt den Film mit erstaunlicher Reife. Sein Spiel ist zurückhaltend, aber intensiv – jede Geste erzählt etwas. Ricardo Teodoro an seiner Seite bringt genau das richtige Mass an Wärme und Bedrohung mit. Doch «Baby» lebt nicht nur von seinen Figuren, sondern auch von der visuellen Kraft: Die Kamera von Joana Luz und Pedro Sotero fängt São Paulo in leuchtenden, schimmernden Bildern ein. Der Schnitt von Fabian Remy verleiht dem Film Rhythmus und Atem. Und der Soundtrack von Bruno Prado und Caê Rolfsen schafft eine Atmosphäre, die unter die Haut geht.

Mit Licht, Farben und einer aussergewöhnlichen Zärtlichkeit erzählt Marcelo Caetano eine Geschichte über Einsamkeit, Begehren und die Suche nach Zugehörigkeit.

«Baby» ist ab dem 5. Juni 2025 im Kino zu sehen.

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